Text: MICHAEL SEITZ  STUDIOFOTOS: DANIEL SIMON

Volker Schröder hat eine Pension in Willigen. Seine Gäste kommen bevorzugt zum Biken. Es hat sich herumgesprochen, das Volker die besten Trails im Umkreis von 50 Kilometern kennt. Bisher gab es Bed & Guide. Fast jeden Tag musste Volker aufs Rad. Jetzt gibt es Bed & GPS - die Satellitennavigation ersetzt den Insider. Am Frühstückstisch wird die gewünschte Route besprochen, den Rest übernimmt die Technik.

GPS-Empfänger ermitteln aus den Schnittpunkten mehrerer Satellitensignale ihren Standort - auf etwa drei Meter genau. Danach nehmen sie die gespeicherte Fährte auf und folgen ihr mit der Hartnäckigkeit eines Bluthundes. Die Fährte - im GPS-Jargon auch Trac genannt - hat Schröder einmal mit dem Gerät abgefahren und aufgezeichnet. Damit gibt es kein Verfahren mehr. Es sei denn, das Gerät fäIlt komplett aus. Egal wohin die Route führt, der Pfeil weist immer in die gespeicherte Richtung. Der Bike-Hotelier bringt es auf den Punkt: “Die Leute haben keine Ahnung wo sie sind, aber sie finden immer zurück.”

Das ist auch der große Unterschied zur Satellitennavigation im Auto - diese GPS-Systeme können immer ganz genau sagen, wo man sich befindet. Durch eine Daten-CD-Rom im Kofferraum kennen diese alle Wege und Straßen, die für ein Auto in Frage kommen. In jahrelanger Kleinarbeit wurden jedem Weg und jeder Kreuzung am Computer Koordinaten zugeordnet. Diese Mühe hat sich für Wanderer und Biker noch niemand gemacht. Bei der feierlichen ersten Inbetriebnahme des GPS-Geräts herrscht daher oft Ernüchterung. Das Display zeigt während der Fahrt durchs Gelände nichts an. Kein Weg im Wald, keine Forststraße, keine Hütte. Nur das kleine Fadenkreuz mit der aktuellen Position und vielleicht am Displayrand eine Bundesstraße. Erst allmählich zieht das Kreuz eine dünne Linie hinter sich her. Am Zielpunkt könnte man die gleiche Tour noch einmal fahren und dann immer wieder. Das Problem ist damit klar: Wo bekommen Mountainbiker GPS-Routen und digitales Kartenmaterial her? Schließlich ergibt es keinen Sinn, erst einmal alle Touren selbst zu erfassen, um sie anschließend noch einmal nachzufahren. Das bedeutet, dass neben den 500 Euro für das Navigationsgerät immer wieder Geld für digitale Routen und Karten fällig wird. Einen Computer sollten Kaufwillige ohnehin besitzen. Nur der PC bringt Routen und digitale Karten zusammen. Der Bildschirm erleichtert die Betrachtung und Bearbeitung von Touren. Der Speicher der Festplatte ermöglicht die Archivierung und den Austausch von Koordinaten, Wegpunkten und Routen.

Natürlich existieren auch Karten und Tourendaten, die nichts kosten (siehe Link-Tipps Seite 148). Auch Raimund Kübler aus Heddesheim reist lieber umsonst. Unter Bikern gehört er zu den Pionieren der Navigationsfahrt. Schöne Biketouren verschickt oder empfängt er als email. Die Koordinaten lädt er auf seinen PC, betrachtet die Route in der digitalen Karte, lädt sie in sein eigenes Navigationsgerät und fährt die Tour nach. Meistens ohne ein einziges Mal stehen zu bleiben. Doch das ist erst der Anfang: Auf diese Weise entstehen im Internet gerade regelrechte Tauschbörsen für Tourendaten (www.alpin-koordinaten.de).

Der Austausch von Koordinaten ist jedoch nur eine Möglichkeit, um an die begehrten Daten zu gelangen. Es ist relativ simpel, bekannte Routen selber zu digitalisieren. Digitale Karten für die PC-Programme sind über das Internet verfügbar - allerdings oft in zweifelhafter Qualität. Eine weitere Möglichkeit wäre das Scannen und anschließende Kalibrieren von exakten Wander- und Militärkarten. Ein Glücksfall für GPS-Einsteiger sind die fleißigen Landvermesser in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Ihre sehr detaillierten und exakten Karten im Maßstab 1:50000 gibt es komplett auf CD-Rom. Nach dem Laden der digitalen Karten überträgt man per Maus Klick für Klick die Tour anhand der Tourenbeschreibung und der dazugehörigen Karte. Auf diese Weise lassen sich Spot-Guides und Moser-Touren leicht erfassen. Der Rest ist wie gehabt: speichern, ins Gerät laden, losfahren. Erfahrungsgemäß weicht die am Computer eingegebene Route maximal zwei bis drei Meter von der tatsächlichen Strecke ab. Eine Genauigkeit, die kein Verfahren zulässt. Auf Tour zeichnet der GPS-Empfänger gleichzeitig die tatsächlich gefahrene Route auf. Diese ersetzt dann die zuvor am Computer festgelegte Route im Archiv. Doch auch das bisschen Handarbeit ist bald hinfällig. Mit der zunehmenden Verbreitung von GPS-Geräten unter Mountainbikern werden fertige Touren-CDs bald so selbstverständlich sein wie die Tourenbücher von Elmar Moser. TransaIp-Guru Uli Stanciu hat die Koordinaten seiner Etappen über die Alpen digital gesammelt und will demnächst eine fertige CD auf den Markt bringen. Bei entsprechender Speicherkapazität lässt sich dann eine komplette Alpenüberquerung in ein Gerät von der Größe eines durchschnittlichen Handys speichern.

Auch wenn komplette GPS-Routen im Moment noch Mangelware sind - geeignete Empfangsgeräte gibt es. Wer Satellitennavigation im Prinzip begriffen hat, findet sich in der Bedienung schnell zurecht. Je nach Speicherkapazität verfügen die Geräte bereits über Karten mit Bundesstraßen und Autobahnen. Garmin und Magellan bieten alle zuvor beschriebenen Funktionen mit Up- und Down- load. Benefon, das an sich schlaue Kombi gerät aus Handy und GPS-Empfänger, erlaubt kein Einspielen zuvor digitalisierten Routen. Damit ist es für Mountainbiker derzeit nicht geeignet. Ein Update der Funktionen steht jedoch bevor. Alle drei von BIKE getesteten Geräte ermitteln über Satelliten exakt die für Mountainbiker so wichtigege Höhe. Damit entfällt die von Wettereinflüssen oft stark verzerrte Höhenmessung über den Luftdruck.

Ein negativer Aspekt beim Einsatz der Geräte ist der Batterieverschleiß. Bei voller Sendeleistung herrscht nach sieben bis acht Stunden Sendepause. Volle Sendeleistung ist jedoch nötig, da es sonst in Wäldern oder bei Nebel zu Empfangsschwierigkeiten kommen kann. Doch nach der Anschaffung von Empfänger, Software und Karten kommt es auf einen Reservesatz Akkus auch nicht mehr an. Und dann hängt der Himmel voller Touren.

GPS Geräte am Fahrrad :

BIKE 3/02: Himmlische Helfer


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